Wie sieht dein Alltag mit MS aus?
Ich würde fast sagen, wie immer – aber an manchen Tagen stimmt das nicht so ganz! Vor meiner Erkrankung habe ich eigentlich immer alle Arbeiten übernommen, die zu Hause angefallen sind. Ich habe richtig funktioniert! Mich um gemeinsame Termine gekümmert, unsere Kaninchen versorgt, die Mülltonnen raus gestellt, Finanzen und Verträge geregelt, Hausarbeiten gemacht, gekocht und vieles mehr.
Aber in letzter Zeit sind mir viele dieser Dinge einfach zu viel!
Ich liebe es meinen Sport zu machen, wenn nicht jeden Tag, dann zu mindestens nicht mehr als mit 2 Tagen Pause. Ich merke einfach, dass mir der Sport unglaublich gut tut und das ich gut abschalten kann. Manchmal versuche ich mein kleines Workout schon vor der Arbeit zu erledigen, weil ich oft nach einem Bürotag nicht mehr dazu in der Lage bin. Geschweige denn meine Hausarbeiten zu erledigen.
Mein Mittagessen für die Woche bereite ich meistens schon Sonntags zu, damit ich unter der Woche gar nicht in Zugzwang komme, weil ich dies noch erledigen muss. Da mein Freund selbstständig ist, hat er auch lange Arbeitstage und arbeitet auch meist am Wochenende. Daher bleibt schon sehr viel an mir hängen, obwohl er mich immer unterstützt und mir versucht Arbeiten abzunehmen, wenn es seine Zeit zulässt.
Ich arbeite Vollzeit 5 Tage die Woche. Freitags nur bis 13/14 Uhr. Leider habe ich einen langen Arbeitsweg. Oft bin ich eine Stunde und mehr im Auto unterwegs – dazu kommt die Arbeitszeit, die Pause und der Rückweg. Ein mind. 11 Stunden Tag! Das zerrt oft ganz schön an den Nerven. Manchmal habe ich das Gefühl, dass ich nicht mehr so belastbar bin wie vorher. Ich brauche öfters kleine Pausen, weil ich mich nicht mehr so lange konzentrieren kann. An manchen Tagen ist es besser aber oft leider nicht.
Vor welche Hürden wirst du durch die MS gestellt und was hat sich nicht verändert?
Eine kleine Auszeit nehme ich mir dann in der Mittagspause (sofern das Wetter mitspielt) und gehe eine Runde spazieren, nachdem ich gegessen habe. Das tut immer gut und macht den Kopf wieder frei für die zweite Hälfte des Tages.

Im Moment komme ich schlecht mit Veränderungen klar. Ich habe das Gefühl, dass mich diese einschränken und mir meine Pläne durcheinander werfen. Ich habe mir durch meine Routinen ein prima Umfeld geschaffen, um mir und meinen Bedürfnissen gerecht zu werden und mir Zeit für mich zu nehmen. Meinen Sport zu machen, zu Kochen und um Beiträge für den Blog zu schreiben.
Mit meinen Routinen fühle ich mich im Moment wirklich gut und ich schaffe es meine freie Zeit sinnvoll zu nutzen. Oft sind es Veränderungen meiner Arbeitszeit oder besondere Anforderungen die dort auf einmal gestellt werden. Oder dass etwas zu Hause sofort erledigt werden muss, was vielleicht mehr Zeit kostet und so nicht geplant war. Meistens bleibt es ja dann nicht bei der einen Sache, sondern es kommen noch weitere Faktoren dazu wie bspw. Krankheit des Partners, oder man ist selbst angeschlagen, Oder man hat in einer Woche vielleicht zu viele Termine gemacht usw. usw. Die Dinge häufen sich und man kommt an seine Grenzen. Schade ist dann allerdings, wenn man sagt, dass man damit Probleme hat und man zu hören bekommt “Du musst lernen damit umzugehen!” Warum? Muss ich das? Eigentlich nicht, oder?
Hört sich komisch an, ist aber so!
Montags, mittwochs und freitags klingelt um 20 Uhr mein Reminder. Dann muss die Spritze aus dem Kühlschrank. Jaaaa! Ich habe einen Reminder! Manchmal vergesse ich es einfach. Wenn mein Freund mich nicht oft genug daran erinnert hätte, dann wäre die Spritze schon das ein oder andere Mal ausgefallen. So habe ich mir lieber einen Reminder eingerichtet. Er kann ja nicht immer da sein und mich erinnern, so wie diese Woche.
Ich versuche Dinge, die mich jeden Tag irgendwie einspannen zu vermeiden. Ich habe früher z.B. sehr gerne ein Online Spiel gespielt. Dazu muss man sich aber jeden Tag einloggen um irgendwie weiter zu kommen. Für mich verschenkte Zeit! Somit habe ich es sein lassen. Oder auch das einnehmen der Pille – was ein neues Lebensgefühl nicht mehr jeden Tag dran denken zu müssen. Es ist wirklich befreiend.
Bei mir auch sehr schwierig jeden Tag an die Einnahme von Tabletten zu denken. Ich nehme beispielsweise Omega-3 Kapseln. Die nehme ich jeden Tag. Das klappt aber auch nur, weil ich mir so ne Oma Pillendose in der Apotheke bekommen habe – Peinlich! Kennt ihr die? Eine in Pink, wo die Tage Mo-So drauf stehen. Die fülle ich dann immer Sonntags für die neue Woche. Es ist einfach nur, weil ich mich vorher von solchen täglichen Dingen und Verpflichtungen befreit hatte. Dann ist es gar nicht so einfach wieder damit anzufangen.
Routinen und Regelmäßigkeiten senken mein Stresslevel
Meine Wochenenden sind ganz entspannt, außer der Samstag Morgen. Da gehe ich erst einmal Einkaufen und dann steht noch ein wenig Hausputz an. In den meisten Fällen sind wir damit aber bis zum Mittag fertig. Dann beginnt der entspannte Teil. Mal gehe ich shoppen oder unternehme was mit meinem Freund.
Sonntags frühstücken wir gemütlich zusammen und ich gehe erst mal ins Training. In dieser Zeit arbeitet mein Freund, damit wir danach Zeit für uns haben. Wir kochen dann gemeinsam und genießen den Tag. Zum Vorkochen plane ich eine Stunde ein. Das mache ich am liebsten parallel zum Mittagessen oder gleich danach, damit es erledigt ist. Das bedeutet mehr Quality Time für uns 🙂
Im Moment gilt die restliche freie Zeit meiner Ausbildung zum Ernährungsberater und der Planung wie es danach weiter geht. Es nimmt viel Zeit in Anspruch, so dass manchmal andere Sachen dafür liegen bleiben. Aber das ist es mit wert!
Wie sieht dein Alltag mit MS aus? Hast du Routinen?
Oder lässt du alles auf dich zukommen?
[Dieser Beitrag wurde am 01.04.2020 aktualisiert.]