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Müdigkeit

Morgen kann ich fliegen: Fatigue & Coimbraprotokoll

Gastbeitrag: Julia von “Morgen kann ich Fliegen”

Julia ist 26 und kommt aus der Main Metropole. Sie ist ein lebensfroher und harmonischer Mensch, der auf schlimme Weise erfahren hat, was es heißt bereits in jungen Jahren seinen Job nicht mehr ausüben zu können. Als ich zufällig auf Ihren Blog gestoßen bin, habe ich schnell gemerkt, dass Julia sich nicht von Ihrer Situation runter ziehen lässt. Ihre Bilder bei Instagram zeigen viel Lebensfreude und Mut. Wie auch viele andere Blogger, geht Julia mit Ihrer MS sehr offen um und berichtet auf Ihrem Blog “Morgen kann ich fliegen” von Ihren Erfahrungen mit dem Coimbraprotokoll und über Ihr Leben mit Multiple Sklerose. Sie gewährt ihren Lesern tiefe Einblicke in Ihren Alltag und verwöhnt Sie auf Instagram und Facebook mit wundervollen Gesängen.

Liebe Julia, ich freue mich, dass du mich heute hier auf dem Blog vertrittst und deine Geschichte zu Fatigue und dem Coimbraprotokoll erzählst.

 

Coimbraprotokoll

Das Leben wollte sich mit mir verabreden, aber ich konnte nicht hingehen.

Ja, genauso fühlte sich mein Leben bis vor kurzem noch an. Da war so vieles, was ich erleben wollte. So vieles, das auf mich wartete. Aber da war keine Energie, bloß lähmende Erschöpfung. Das Leben zog an mir vorbei und ich fühlte mich so hilf- und machtlos, dass es wehtat.

Als Jule mich fragte, ob ich einen Gastbeitrag zu dem Thema Fatigue für ihren Blog schreiben möchte, habe ich sofort zugesagt. Schließlich habe ich lange darunter gelitten und tue es auch immer noch, aber bei weitem nicht so schlimm wie ich es bisher kannte. Wie sich so eine lähmende Erschöpfung für mich angefühlt und was mir dagegen geholfen hat, möchte ich euch jetzt erzählen.

Müdigkeit, Konzentrationsprobleme – etwas stimmte ganz und gar nicht!

Das erste Indiz, dass mit mir etwas nicht stimmte, war eine unglaubliche Müdigkeit, die sich über Monate zu einer richtigen Erschöpfung steigerte. Damals fanden die Ärzte nichts und sagten, ich sei kerngesund und solle mal zum Psychiater gehen. Das hat gesessen, denn ich war mir absolut sicher, dass mein Befinden keinesfalls normal sein kann, geschweige denn bloß psychischer Natur ist. Auf der Arbeit baute ich stark ab und zwar so stark, dass ich mich ständig überfordert fühlte und meine Kollegen mich schon auf meinen Leistungsabfall ansprachen. Dabei war ich immer sehr gewissenhaft und habe gern auch mal mehr als 100 Prozent gegeben. Nach der Arbeit bin ich nur noch ins Bett gefallen und Einschlafen im Sitzen war keine Seltenheit mehr. Zu dieser Zeit habe ich eigentlich nur noch für die Arbeit gelebt und war ständig am Limit. Als dann eines Tages zusätzlich neurologische Ausfälle folgten (Harninkontinenz, Lähmung der rechten Hand, des rechten Armes und schlimmste Kopfschmerzen), ging ich ins Krankenhaus um der Sache auf den Grund zu gehen.

Viele, die das lesen, werden wissen was jetzt folgte: MRT Aufnahmen von Schädel und Halswirbelsäule, die aktive Entzündungsherde in beiden Bereichen zeigten. Eine Lumbalpunktion, bei der alle typischen Parameter auffällig oder positiv waren. Unendlich viele Blutentnahmen, um andere mögliche Erkrankungen (z.B. Neurosarkoidose) auszuschließen. Dann – am 09.06.2015 – stand alles fest: es ist MS.

Coimbraprotokoll

Diagnose “Multiple Sklerose” und ein riesiges Loch tat sich im Boden auf.

Plötzlich ergab alles einen Sinn! Trotz, dass ich innerlich irgendwie schon wusste, dass es MS ist, hat mir diese Diagnose den Boden unter den Füßen weggezogen. Sofort kam mir eine junge Frau in den Sinn, die ich während meiner Ausbildung auf der Neurologie mitbetreut hatte. Sie war 32, hatte zwei kleine Kinder und musste von uns pflegerisch komplett versorgt werden, da sie einen Querschnitt durch einen Schub erlitten hat. Mir wurde schlecht, aber trotzdem dachte ich, dass alles bald wieder ganz normal und gut sein wird. Leider blieb dies bloß ein riesengroßer Wunsch von mir, denn meine MS ließ mich nicht in Ruhe und es folgten weitere Schübe und das schlimmste daran war, dass die Fatigue ins unermessliche stieg.

Ich merkte ziemlich schnell nach der Diagnose, dass ich mein Arbeitspensum nicht mehr schaffe und habe meine Arbeitszeit auf 30 Stunden wöchentlich reduziert. Trotzdem war ich nach der Arbeit zu nichts mehr imstande. Ich fehlte mehr als ich auf der Arbeit war. So einigte ich mich mit meinem Chef auf eine interne Versetzung mit geregelten Arbeitszeiten, keine Schicht mehr. Da ich gelernte Krankenschwester bin, ein wahrer Luxus. Auch das half mir aber nicht und kurz darauf folgte der Knaller-Schub, der mich dann komplett aus dem Leben warf.

Plötzlich war ich nicht mehr ich selbst und die guten Tage wurden immer weniger!

Die körperlichen Einschränkungen waren zwar massiv, aber dennoch nichts gegen die unglaubliche Erschöpfung, die ins unvorstellbare stieg. Ich schlief 20 Stunden am Tag. Jede kleinste Aktivität war eine Hürde und erforderte anschließendes Ausruhen. Die Spülmaschine ausräumen schaffte ich den ganzen Tag über nicht. Nach dem Duschen war ich so fertig, dass ich stundenlang schlafen musste. Mich bei jemandem zu melden war eine Tagesaufgabe. Alles strengte mich so unglaublich an. Im Liegen fühlte sich mein Körper manchmal so an als würde ich kollabieren und meine Organe nach und nach ihre Arbeit einstellen. Ich habe nicht nur einmal gedacht und es auch wirklich gefühlt, dass ich sterben werde. Das klingt hart und das war es auch.

Coimbraprotokoll

Dass ich nicht mehr so funktionierte wie ich es von mir kannte, machte mir psychisch sehr zu schaffen. Ich gelangte schon beim ersten Augenaufschlag am Morgen an meine Grenzen ohne überhaupt aufgestanden zu sein. Schlafen besserte zwar nichts, war aber das einzige, das ich überhaupt tun konnte. Wenn ich mal etwas unternahm, hielt ich diese Dinge einfach bloß aus und lies es über mich ergehen. Anders kann man es wirklich nicht sagen.

Die Tage, Wochen, Monate zogen an mir vorbei. Mein Zustand besserte sich nicht. In dieser Zeit probierte ich alles Mögliche aus. Ich versuchte es mit veganer Ernährung, mit Bioresonanz-Therapie, mit traditionell chinesischer Medizin und zuletzt auch mit Medikamenten wie Vigil und Amantadin. Auch Antidepressiva lies ich mir in meiner Verzweiflung verschreiben, obwohl ich immer strikt dagegen war. Nichts half. Die Zeit verging und nach einem Jahr Arbeitsunfähigkeit wurde ich mit 25 Jahren voll berentet. Ich konnte nur noch in den Tag hineinleben und wachte jeden Morgen mit dem Gedanken und der Hoffnung auf, dass heute bestimmt ein besserer Tag würde. Leider kam dieser Tag nicht.

Eines Tages wurde ich auf eine Therapie mit Höchstdosen Vitamin D für Autoimmunerkrankungen aufmerksam. Eine Freundin erzählte mir von einer dazugehörigen Facebook-Gruppe, die von einer Frau gegründet wurde, welche selbst an MS erkrankt war und durch diese Therapie enorme Besserungen ihrer Beschwerden erfahren hat. Sie berichtete von ihren unglaublichen Erfahrungen und ermutigte andere Betroffene dieser Therapieform eine Chance zu geben. Ich bin besagter Frau unendlich dankbar. Ich las vieles, das fast schon zu schön war um wahr zu sein. Diese Therapie nennt sich „Coimbraprotokoll“ und stammt aus Brasilien. Professor Coimbra ist Neurologe und Hirnforscher und behandelt seine Patienten seit 15 Jahren nach diesem Prinzip. Demnach haben Menschen mit einer Autoimmunerkrankung eine Vitamin D Verwertungsstörung und benötigen daher Höchstdosen, die für gesunde Menschen gefährlich wären. Diese Dosis ist bei jedem individuell und hängt von gewissen Komponenten ab, weshalb eine ärztliche Begleitung unbedingt erforderlich ist und Alleingänge strengstens untersagt sind.

Meist ist das Bauchgefühl die richtige Entscheidung!

Ich war etwas skeptisch, aber gleichzeitig an einem Punkt in meinem Leben, an dem ich absolut nichts mehr zu verlieren hatte. So machte ich mir einen Termin und fieberte diesem entgegen. Ich wurde ausführlich informiert und ging äußerst positiv und hoffnungsvoll aus diesem Gespräch. Mein Bauchgefühl sagte mir: DAS ist der richtige Weg. Noch am selben Tag begann ich mit meiner Einstiegsdosis von 60.000 Einheiten Vitamin D täglich. Bereits nach knapp vier Wochen bemerkte ich einen kleinen Energieschub, den ich gar nicht mehr kannte. Das war für mich ein erstes Zeichen, dass ich auf dem richtigen Weg war. Es folgten Monate voller Aufs und Abs. Ich bin hoch geflogen und wieder tief gefallen, aber niemals tiefer als zu Beginn. Viele kleinere Verbesserungen, noch mehr große. Insgesamt drei Dosiserhöhungen habe ich seitdem mitgemacht und nehme seit Ende Oktober eine tägliche Dosis von 150.000 Einheiten. Seitdem geht es bei mir steil bergauf.

Fast alle Symptome, die ich zu Beginn des Coimbraprotokolls hatte, haben sich unglaublich gebessert und zum Teil sind sie sogar komplett verschwunden. Insbesondere die Fatigue hat sich jetzt nach 10 Monaten im Protokoll enorm gebessert, sodass ich einen enormen Anstieg meiner Lebensqualität erlebe und mir Dinge wieder möglich sind, die ich aufgeben musste, weil ich keinerlei Energie dafür hatte. Ich habe wieder Freude an Dingen und empfinde nicht alles, was ich tue, als eine Qual. Das ist so unglaublich erleichternd und befreiend. Meine Familie, Freunde und mein Partner erkennen mich kaum wieder und sind unglaublich glücklich, dass die hohen Dosen Vitamin D so gut anschlagen. Niemals hätte ich mir solch große Fortschritte erhofft und kann nun endlich voller Hoffnung und Optimismus nach vorne sehen. Ich kann jedem, der an einer Autoimmunerkrankung leidet, ans Herz legen sich über diese Therapieform unter Coimbraprotokoll zu informieren.

 

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