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Diagnose

Der Weg zu meiner MS Diagnose

Ich gehe mit meiner Erkrankung sehr offen um und lasse euch an so vielen Punkten in meinem Leben teilhaben, warum nicht auch an meinem Weg zur Diagnose. Genau wie wir Menschen, sind unsere Geschichten so unterschiedlich und der Weg zur MS Diagnose kann unterschiedlich lange dauern.

Ich dachte das Leben spielt mir einen Streich

Es ist ein schöner Sonntag und ich bin bei meiner Mama zum Kaffee trinken eingeladen. Mein Freund musste schon am Mittag zu einem Seminar und ich war alleine zu Hause. Die letzten Tage hatte mir das wechselhafte Wetter sehr zu schaffen gemacht. Kopfschmerzen und etwas Schwindel begleiteten mich die letzten Tage. Wir haben damals noch in einem kleinen alten Fachwerkhaus gewohnt. Eine steile Treppe ging nach oben zu unserem Schlafzimmer. Als ich am frühen Abend nach Hause gekommen bin, fühlte ich mich müde und etwas schwummrig, Ich kämpfte mich die Treppe nach oben und legte mich schon früh ins Bett.

Eigentlich hatte ich sehr gut geschlafen und fühlte mich am nächsten Morgen auch ausgeruht. Dennoch war mir immer noch schwindelig und ich fühlte mich ganz wacklig auf den Beinen. Ich ging langsam die Treppe nach unten und machte mir noch einen Kaffee bevor ich zur Arbeit fuhr. Ich wollte erst mal ins Büro. Wenn es nicht besser werden würde, kann ich immer noch nach Hause gehen.

DiagnoseIm Büro konnte ich mich einfach nicht konzentrieren und als ich eine Aktennotiz schreiben wollte, merkte ich, dass ich nicht richtig schreiben konnte. Ich hatte kaum Gefühl in der rechten Hand und konnte keine Kraft aufwenden um den Stift richtig zu halten. Ich wurde schon etwas nervös und beschloss mich für den Rest des Tages krank zu melden. Ich fuhr nach Hause und legte mich erst mal hin. Ich schlief fast den ganzen Tag. Mein Freund war immer noch auf dem Seminar und ich alleine zu Hause. Am Abend war ich mit meinem Bruder verabredet und mein Papa kam zu besuch. Der Abend lenkte mich von den komischen Symptomen ab.

Ich fühlte mich benebelt und in Watte gepackt – Wetterfühligkeit?

Mein Papa blieb über Nacht und wir wollten am nächsten Morgen zusammen frühstücken. Erst wollte ich aber noch zum Arzt Blut abnehmen und mich mal durchchecken lassen, denn irgendwas stimmte nicht. Mein Körper fühlte sich am Morgen so fremd an. Wie als wäre ich in Watte gepackt. Alles fühlte sich irgendwie taub an, aber nur die rechte Körperhälfte. Langsam hatte ich auch Probleme mit dem Laufen. Ich konnte das Knie nicht mehr richtig anheben und auch den Fuß kaum noch abrollen. Ich hoffte, dass sich dafür schnell eine Erklärung findet.

Meine Hausärztin kenne ich schon seit ich ein kleines Kind bin. Ich bin früher immer mit meiner Oma zu ihr, wenn sie Medikamente abholte. Ich finde es toll, wenn man mit seinem Arzt gut reden kann und das ist bei uns der Fall. Sie hat mich ca. ein Jahr zuvor schon mal toll unterstützt, als ich eine Zeit lang zu Hause war. Zu dieser Zeit fühlte ich mich überfordert, konnte mich kaum konzentrieren und wusste teilweise nicht wie ich ins Büro gekommen bin. Zu dieser Zeit steckte ich mitten im Studium neben dem Job und ein großes Projekt auf der Arbeit war auch auf dem Tisch. Zu dieser Zeit war ich einfach total überfordert und wir beschlossen, dass ich eine Auszeit brauchte. Ich war wirklich froh, dass wir so offen reden konnten, denn mein eigentlicher Arzt hatte mich damals einfach wieder nach Hause geschickt.

Diagnose Schlaganfall? Das konnte einfach nicht sein!

Da saß ich also bei Ihr im Arztzimmer und erzählte ihr von den Tagen zuvor und wie ich mich heute fühle. Das meine rechte Seite kribbelt und sich taub anfühlte. Ich merkte wie ihr der Atem stockte und sie überlegte, was sie mit mir anstellen soll. Sie fragte mich noch einmal wie alt ich denn sei – 30! – und dass ich doch wohl keinen Schlaganfall haben werde. Einen Schlaganfall?! Ich? Ich bin 30! Wie sollte das gehen? Sie schaute mich an, voller Sorge und beschloss erst einmal beim Neurologen nebenan durchzuklingeln und mich dort hin zu schicken, bevor sie mich in die Klinik einwieß. Sie wollte auf Nummer sicher gehen, denn ich war ja erst 30!

Diagnose

Da ich zum Frühstück Brötchen mitbringen wollte, rief ich erst mal meinen Papa an und sagte Ihm, dass es länger dauern kann und natürlich erzählte ich ihm von dem Verdacht. Ich konnte zum Glück gleich nebenan zum Neurologen. Bei der Aufnahme erläuterte ich meine Symptome, dann erhielt ich einen Patientenfragebogen. Tja, wie sollte ich den nur ausfüllen, wenn ich keinen Stift halten kann? Ich glaube so krakelig wie ich das Ding ausgefüllt habe, musste man denken ich sei 6 Jahre alt. *lach*  Beim Neurologen wurden erst mal ein paar Untersuchungen gemacht.

Von Arzt zu Arzt und das an einem Tag – Hoffen auf eine Diagnose

Bei meinem Gespräch mit dem Arzt erhielt ich schon mal ein paar mögliche Diagnosen.  Da fiel das erste mal der Begriff “MS – Multiple Sklerose”. Außerdem meinte der Arzt, dass es auch etwas organisches sein könnte. Organisch? Fragen gingen mir im Kopf rum aber ich konnte sie nicht aussprechen. Bedeutete das, dass ich vielleicht einen Tumor habe? So langsam begriff ich, dass die Diagnose nicht gut für mich ausgehen wird, egal was jetzt dabei raus kommt.

Der nächste Schritt war dann ein MRT. Die Praxis versuchte gleich einen Termin im Krankenhaus für mich zu bekommen. In 2 Stunden konnte ich mich vorstellen. Ich ging nach Hause und bat meinen Vater mit zu kommen und mich zu fahren, weil ich mich unsicher fühlte was das Auto fahren anging. Mal wieder musste ich im Krankenhaus einen Patientenfragebogen ausfüllen. Zum Glück hat es diesmal mein Papa für mich übernommen. Ich musste nicht lange warten sondern wurde gleich ins MRT geschickt. Es wurde eine Aufnahme vom Kopf und der Halswirbelsäule gemacht. Nach der ersten Aufnahme bekam ich noch Kontrastmittel und dann wurde die ganze Prozedur wiederholt. Nach einer Stunde war ich fertig. Mein Papa war erleichtert als ich raus kam, denn der Radiologe hatte wohl schon ein paar Mal nach mir gesucht, weil ihm schon die ersten Bilder vorgelegen haben.

Der Neurologe schaffte alles noch am gleichen Tag zu organisieren ohne dass ich in der Klinik bleiben musste

DiagnoseDer Radiologe sagte nicht viel, sondern teilte mir nur mit, dass es nichts organisches ist. Also kein Tumor! Ein Stein fiel mir vom Herzen und mein Papa fuhr mich zurück zum Neurologen. Dort wurde noch ein letzter Test gemacht und ich hatte ein kurzes Gespräch mit dem Arzt. Wieder fiel dieser Begriff “Multiple Sklerose”. Was war das? MS? Ich wusste das meine Patentante diese Krankheit hatte und schon in jungen Jahren im Rollstuhl landete. Würde es mir auch so ergehen? Ich war doch erst 30! Mir ging einfach so viel durch den Kopf, dass ich wie in einer Blase saß. Ich bekam kaum noch etwas mit von dem was der Arzt mir erzählte. Eine Diagnose konnte er erst stellen, wenn die Auswertung des Nervenwassers da war.

Der Arzt wollte mich einweisen, weil eine Lumbalpunktion gemacht werden müsse und auch eine Cortisoninfusion erfolgen muss. Normalerweise könnte ich alles in der Praxis machen, aber in 2 Tagen ist Feiertag und Freitag hat die Praxis auch geschlossen. Ich wollte absolut nicht ins Krankenhaus. Mein Freund war noch den ganzen nächsten Tag weg und mein Papa ist auch wieder nach Hause gefahren. Meine Mama hatte im Büro so viel zu tun und konnte sich nicht frei nehmen. Ich bat den Neurologen in der Klinik zu fragen, ob ich ambulant zur Infusion kommen kann. Zum Glück war dies machbar, jedoch würde die Lumbalpunktion und auch die erste Infusion in der Arztpraxis gemacht werden. Ich sollte am nächsten Tag wieder kommen, damit wir noch einmal Blut abnehmen und dann das Nervenwasser entnehmen, danach dann die erste Cortisoninfusion.

Danke Internet, dass du so viele positive Geschichten zur Diagnose MS erzählst – NOT!

Am Abend lag ich zu Hause im Bett und durchsuchte das Internet nach MS und Multiple Sklerose. Auf welch schlimme Geschichten ich dort stieß machte mich noch unsicherer. In einem Forum wurden die verschiedensten Beschwerden diskutiert und viele klagten ihr Leid. Ich hoffte wirklich, dass ich dies Schicksal nicht auch erleben werde. Die Nacht war sehr unruhig und ich bekam kaum ein Auge zu.

Diagnose

Am nächsten Tag stand also die Lumbalpunktion an und auch die erste Infusion. Vor der Nervenwasserentnahme hatte ich etwas Angst. Im Internet hatte ich bereits darüber gelesen, dass es sehr schmerzhaft sein soll. Die Schwester versuchte mich etwas zu beruhigen und erklärte mir, dass man dies bereits öfter in der Praxis gemacht hat. Als ich die Nadel sah, wurde mir ganz anders. Sie erklärte mir, dass ich mich jetzt auf die Kante der Liege setze und nach vorne beuge. Sie würde mich dann noch weiter nach vorne drücken, damit der Arzt besser punktieren kann. Los geht’s! Die Ganze Sache dauerte nur ein paar Sekunden und war so schnell wieder vorbei, dass ich keine Möglichkeit hatte über den Schmerz nachzudenken, ich empfand das runter drücken der Schwester eigentlich unangenehmer.

Sekunden die mein Leben auf den Kopf stellen aber Klarheit verschaffen

Jetzt kam die erste Cortison Infusion dran. Die Schwester machte in der Zeit der Vorbereitung mehrere Andeutungen zum Thema MS. Als ich sie fragte, warum Sie davon sprechen würde meinte sie zu mir: “Der Herr Doktor ist sich schon ziemlich sicher dass es MS ist.” BUM! Einfach so! Ich wusste überhaupt nicht wie ich darauf reagieren sollte. Nachdem die Infusion dran war und die Schwester mich alleine lies flossen das erste mal so richtig die Tränen. Wie konnte sie mir das nur so an den Kopf werfen? Eine Schwester! Sie war nicht der Arzt, vielleicht hatte sie etwas falsch verstanden. Die Infusion topfte nur langsam durch und ich lag dort bestimmt 2 Stunden alleine in dem Behandlungsraum. Alleine mit meinen Gedanken.

Am Abend war mein Freund wieder zu Hause und wir redeten sehr lange darüber. Was der Arzt gesagt hat, die Schwester und was ich im Internet gelesen hatte. Ich hatte Angst vor der Diagnose, die ich in der nächsten Woche erhalten würde. Eine Diagnose die vielleicht mein Leben verändert und alles auf den Kopf stellt.

DiagnoseDie nächsten Tage musste ich dann zur Infusion in die Klinik. Diesmal hatte ich wenigstens eine Begleitung, die mir die Zeit am Tropf angenehmer machte. Trotzdem drehten sich alle Gedanken nur noch darum, was auf mich zukommen wird, wie die Diagnose aussieht und was diese mit mir macht. Vielleicht habe ich ja auch nur eine Borreliose, das stand schließlich auch auf der Liste der Diagnosen. Die Symptome einer Neuroborreliose sind sehr ähnlich und es kann auch zu Lähmungen und Entzündungen von Nerven kommen. Ich hoffte einfach nur, dass sich alles zum Guten wenden würde.

Eine Ambulante Versorgung gab mir Zeit mich mit der möglichen Diagnose in Ruhe auseinander zu setzen

Die nächsten 4 Tage kämpfte ich mit starken Nebenwirkungen der Cortisonbehandlung. Ich konnte nicht mehr auf dem Bauch oder auf der Seite schlafen, lag Nachts Stunden lang wach und hatte einen unangenehmen Druck auf dem Brustkorb, als hätte jemand einen Zementsack auf mir abgelegt. Ich war einfach nur froh, als alles vorbei war. Nach dem Wochenende schlug ich dann wieder bei meiner Hausärztin auf und berichtete ihr von den letzten Tagen. Erzählte ihr außerdem von den Problemen mit den Nebenwirkungen und sie verschrieb mir etwas für den Magen. Das hatten Sie in der Klinik einfach vergessen. Eigentlich hätten sie mir vor der Infusion einen Magenschutz geben sollen.

Jetzt war erst einmal Warten angesagt. Der Neurologe meinte, dass vielleicht am Mittwoch die Ergebnisse vorliegen würden. Da saß ich also zu Hause, zwischen halb gepackten Umzugskisten, denn Mitte des nächsten Monats wollten wir nach Mittelhessen umziehen. Ich konnte nichts tun, denn Laufen, Stehen und auch die Koordination mit den Händen fiel mir schwer. Eigentlich brauchten wir noch Möbel und ich hätte ein paar Dinge organisieren müssen aber ich konnte kein Auto fahren. Ich war irgendwie hilflos. Ich wusste nicht wie wir den ganzen Umzug schaffen sollten, wenn ich nicht wieder fit war. Außerdem hatte ich gerade angefangen meine Diplomarbeit zu schreiben. Die musste ich in 8 Wochen abgeben und dann noch die Vorbereitung auf die Prüfung. Mich überrollte alles und ich fühlte mich so hilflos.

Tagelang starrte ich auf das Telefon und wartete auf den Anruf- Doch als er da war…

Da war er, der Anruf vom Neurologen! Die Ergebnisse sind da, ich soll in die Praxis kommen. Ich rief meine Mama an, dass sie mich fährt und begleitet. Der Tag der Diagnose war also gekommen, so hoffte ich zumindest. Denn gerade was die MS angeht, warten Betroffen teilweise bis zu 2 Jahre um eine endgültige Diagnose zu erhalten. Eigentlich hatte ich mich mit meinen Recherchen schon darauf vorbereitet und mir auch schon sehr sehr viele Gedanken gemacht. Ich hatte schon verschiedene Bücher auf meine Wunschliste gesetzt, die ich mir im Fall der Fälle kaufen werde um bestens informiert zu sein.

Ich saß sichtlich nervös im Arztzimmer und wartete. Wartete auf den Arzt, der mit gleich mitteilt, dass ich eine unheilbare Erkrankung habe. Irgendwie hatte ich es bereits im Gefühl und das lag sicher auch daran, dass ich gehört hatte, dass der Neurologe ein Erfahrener Arzt auf dem Gebiet der Multiple Sklerose sein soll. Er nimmt immer wieder mit seinen Patienten an Studien teil und hilft dabei ein großes Netzwerk aufzubauen, bei dem die Patienten Beschwerden und Symptome teilen und somit der MS ein weiteres Gesicht gegeben wird. Wenn er es also schon gegenüber seiner Arzthelferin erwähnt hat, dann musste es einfach so sein.

“Die Ergebnisse sind eindeutig, Sie haben Multiple Sklerose!”

Da war sie also, meine MS Diagnose. Das weitere Gespräch konnte ich kaum noch verfolgen. Mein Kopf, meine Gedanken und mein Körper alles war leer! Dabei hatte ich mich gut darauf vorbereitet. Doch wenn der Arzt es endgültig für alle hörbar ausspricht, dann ist es doch noch einmal was anderes. Es ist ein Schock!

Der Arzt erzählte noch etwas von Medikamenten und schrieb mir ein Medikament auf. Ich konnte nicht wirklich folgen und sagte ihm, dass ich es mir anschauen werde und mich melde. Als ich meine Mama im Wartezimmer einsammelte, merkte sie sofort was los war. Sie nahm mich in den Arm und wir gingen zum Auto. Natürlich wollte sie alles wissen was der Arzt gesagt hat. Aber ich konnte es ihr nicht wieder geben. Sie berichtete mir von einer Bekannten, die auch MS habe und die starke Medikamente nimmt, die viele Nebenwirkungen haben. Leider wusste sie nicht genau welches.

Der 04.06.2014 war der Tag an dem mein Leben eine andere Richtung Ging

Am Abend kam mein Freund nach Hause und ich erzählte ihm von dem Termin beim Neurologen. Von der Diagnose “MS”. Da saßen wir nun beide traurig auf dem Sofa und keiner konnte so recht etwas sagen. Als ich all meinen Mut zusammen hatte sagt ich: “Ich kann verstehen, wenn du jetzt gehst und wenn du nicht mehr mit mir zusammen sein willst.” Er nahm mich einfach nur in den Arm und sagte “Wir schaffen das!” und da wusste ich, dass alles gut werden wird!

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